Wie eine Karlsruher Malerin die Kunst auf Plakatwände gebracht hat
Am Anfang stand der Ärger über platte Plakatwerbung. Aus diesem Impuls hat die Malerin Angela Junk-Eichhorn vor 35 Jahren eine bis heute bestehende Kunstaktion ins Leben gerufen, die derzeit wieder eine Ausstellung präsentiert.
In großen Buchstaben prangten die Worte „Ich rauche gerne“ auf einer immensen Tafel. Daneben zu sehen: eine Frau glücklich paffend. Damals, 1988, prägten solche Plakate den Alltag. „Diese überdimensionale Werbung für Zigaretten und Alkohol hat mich schon immer geärgert. Sie manipuliert die Menschen unbewusst, das war mein Treibstoff“, erinnert sich die Malerin Angela Junk-Eichhorn.
Als sie zu dieser Zeit ein Grundstück in Neureut erwarb, standen darauf am Rande zur Straße hin zwei kommerziell genutzte Werbetafeln. Sie wollte die Werbetafeln für die Kunst nutzen, auch als Kontrapunkt. „Wenn die Menschen täglich an einem Kunstwerk vorbei laufen, dann wird es vertraut“, meint Junk-Eichhorn. So entstand das Projekt „Kunst an der Plakatwand“.
Von Anfang an gehörten musikalische Events dazu
Die Malerin Eva Schaeuble bespielte als Erste die 2,60 mal 3,60 Meter große Fläche, alle sechs Monate gab es ein neues Bild zu sehen – direkt neben einer weiterhin kommerziellen Werbetafel. Von Anfang an wurde jedes neue Gemälde mit einem musikalischen Event gefeiert.
Oft wirkte dabei Junk-Eichhorns mittlerweile verstorbener Mann, der Jazz-Musiker Rimskij Eichhorn, musikalisch mit. Jede Eröffnung wurde zu einem kleinen Happening mit unterschiedlichen Musikstilen.
Der Neureuter Ortsvorsteher Günter Seith begeisterte sich ebenfalls von der ersten Minute an für diese Aktion und hielt flammende Reden. 1995 meinte Seith, er wolle gerne alle Kunstwerke auf einmal sehen und so kam es, dass erstmals zwölf Kunstwerke an der Plakatwand im öffentlichen Raum gezeigt wurden.
"Die Menschen beschäftigen sich damit. Das alleine macht uns schon glücklich."
Angela Junk-Eichhorn, Malerin und Initiatiorin
„Wir haben die Arbeiten schon im Karlsruher Schlossgarten, an der Hildapromenade, aber auch in Prag, Paris, Berlin, Oxford oder Luxemburg gezeigt. Die Reaktionen der Passanten fallen immer unterschiedlich aus. Die Menschen beschäftigen sich damit, bleiben stehen, betrachten, staunen und sprechen darüber. Das alleine macht uns schon glücklich“, erzählt Junk-Eichhorn.
Initiative durchlebte auch schwierige Phasen
Im Laufe der Jahre gab es schwierige Phasen. Die Gruppe teilte sich und 2010 gründeten 16 Künstler den Verein „Plakat Wand Kunst“, der seither eigene Projekte verwirklicht. Zudem war es für „Kunst an der Plakatwand“ nicht immer einfach, einen passenden Ort zu finden für die Kunst im Freien.
Ebenso beschäftigt Junk-Eichhorn die Auswahl der teilnehmenden Künstler. „Wir schauen uns die Künstler, die mitmachen möchten, genau an, denn nicht jeder kann das Format bewältigen. Grundvoraussetzung ist ein absolviertes Kunststudium“, erklärt die Initiatorin.
„Wichtig war uns zudem immer die zeitliche Begrenzung. Diese Kunstwerke haben nur eine bestimmte Dauer“, erläutert Junk-Eichhorn und ergänzt: „Es braucht wirklich Leute, die begeistert sind und mithelfen.“
Noch bis 30. Juli ist aktuell die „Come together“ Ausstellung zu betrachten, anlässlich von 35 Jahren „Kunst an der Plakatwand“. Standorte sind auf der Hildapromenade gegenüber der Lukaskirche (Hagenstraße) und am Lindenplatz, aber auch vor der Gutenbergschule und an der Peter-und-Paul-Kirche. Mit dabei sind Gemälde von Ralf Rose, Rose Vollmer, Olga Sora-Lux, Holger Fitterer und Franziska Schemel.
Sogar gepredigt wurde schon vor einem Gemälde
Das Bild direkt an der Lukaskirche stammt von Angela Junk-Eichhorn selbst und zeigt den Wandel der Natur anhand unterschiedlicher Blätter, die trotz der Raster in die sie eingefasst scheinen, schwerelos schweben und tänzeln. Jüngst hielt Pfarrer Walter Boes vor diesem Gemälde sogar seine Predigt.
Dass die Kunst den Menschen im Alltag begegnet und dass wieder mehr darüber gesprochen wird, ist ein Verdienst dieses spannenden Projektes. In der Lukaskirche gibt es momentan eine kleine Retrospektive der Aktionen, bestehend aus Fotos sowie Zeitungsartikeln.
Service
Termine: Sonntag, 28. Mai, 11.30 Uhr, Hildapromenade an der Lukaskirche: Jazzsängerin Lauren Newton im Zusammenspiel von Stimme und Haiku-Gedichten von und mit Koho Mori-Newton. 11. Juni, 11.00 Uhr, Hildapromenade an der Lukaskirche, „Klanginseln“, Kompositionen von Ursula Euteneuer-Rohrer. 18. Juni und 16. Juli, 11.00 Uhr, Jung-Stilling-Saal am Lindenplatz: Matinee mit Ursula Euteneuer-Rohrer, Rita Huber-Süß, Stjene, Helmut Bieler-Wendt, Johannes Frisch. Infos: www.kunstanderplakatwand.de